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WAS ICH ZU SAGEN HABE

Warum ich gegen "Brandmauern" bin

Informationsstände können sehr langweilig, aber auch herausfordernd sein. Es ist gut, wenn man mit Menschen ins Gespräch kommt; und wenn das Gespräch Substanz hat und kritisch ist, hat man Gelegenheit, seine Position zu überdenken und zu reflektieren...

Warum also bin ich gegen die „Brandmauer“?

Ein Passant erklärte mir, die „Brandmauer“ sei zwingend notwendig, um die zwei Drittel der normalen, anständigen Bevölkerung gegen das Drittel der Rechtsextremen zu schützen.
Nun habe ich etwas Humor und bin sehr gespannt, welche abenteuerlichen Koalitionen man in Sachsen und Thüringen nach dem 1. September unter dieser Überschrift schmieden wird.
Für mich als Basisdemokraten ist die „Brandmauer“ allerdings genauso falsch, wie es Fraktions- oder Koalitionszwänge sind.

Im Grundgesetz Art. 38 (1) heißt es: „Die Abgeordneten…sind…nur ihrem Gewissen unterworfen.“ 
In der realen Politik allerdings stimmen Abgeordnete im Regelfall so, wie es in der Fraktion oder in der Koalition ausgehandelt wird. Weichen sie von dieser Regel ab, müssen sie damit rechnen, von Ihren Parteien für die nächsten Wahlen nicht wieder aufgestellt zu werden. Jeder Abgeordnete befindet sich folglich latent im Interessenkonflikt zwischen seinem Gewissen und weiterer Parteikarriere.

Wenn sich nun mehrere Parteien zur „Brandmauer“ gegen eine oder mehrere Konkurrenzpartei(en) verabreden, führt dies regelmäßig dazu, dass bei politischen Problemstellungen Vorschläge der geächteten Partei(en) grundsätzlich verworfen und überstimmt werden. Wenn wir eine Partei als Meinungssammler und Sprachrohr ihrer Wähler verstehen, diskreditiert man auf diese Weise einen großen Teil der Menschen und verzichtet damit auf deren Teilhabe an demokratischen Prozessen.

Fraktionszwang, Koalitionsverträge und Brandmauer-Absprachen sind Werkzeuge des Machterhalts und konterkarieren den ursprünglichen Gedanken des Grundgesetzes. Sie führen zu taktischem Wahlverhalten. Man wählt nicht nach Überzeugung und politischem Inhalt, sondern man kalkuliert mit dem geringstmöglichen Übel.

Meiner Meinung nach ist dieses politische Theater wenig dazu geeignet, effektiv nach den besten Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu suchen, denn dazu müssten ja alle unterbreiteten Vorschläge zunächst vorurteilsfrei und unideologisch auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Im zweiten Schritt, nach Prüfung, Diskussion, Vergleich, Anpassung… sollte der beste Vorschlag beschlossen werden. Weder Parteizugehörigkeit noch Koalitions- oder Brandmauer-denken sollten in diese Entscheidung einfließen.

Dies ließe sich relativ leicht umsetzen. Hierzu bedürfte es keiner Korrektur des Grundgesetzes, sondern lediglich dessen Umsetzung.

Allerdings ist für die Protagonisten der Machtpolitik genau dieser Gedanke ein Graus.

29.08.2024



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